„Es ist wichtig, an diesem Ort Position zu beziehen“, betonte Siegfried Pick, Pfarrer für Ausländerarbeit im Kirchenkreis An Nahe und Glan und Sprecher des Bündnisses. „Niemand soll vergessen werden, nicht die Soldaten, die hier gestorben sind, aber auch nicht die Opfer, die in den Lagern durch die Nazi-Barbarei umgekommen sind.“ Die Gedenkstätte ist den deutschen Kriegsgefangenen gewidmet, die hier, in einem der Rheinwiesen-Lager, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unter grausamen Bedingungen interniert waren. Rechtsextremistische Gruppen marschieren jedes Jahr am Volkstrauertag oder Ewigkeitssonntag an diesem Ort auf und missbrauchen ihn für ihr ihre Propaganda.

500 000 Sinti und Roma sind nach den Worten von Romeo Franz, bekannter Geiger und Pianist sowie Menschenrechtsaktivist und Politiker von Bündnis 90/Die Grünen aus Ludwigshafen, der Rassenideologie der Nazis zum Opfer gefallen. „Ziel der Mordpolitik war die vollständige Vernichtung der Minderheit vom Säugling bis zum Greis“, erklärte Franz. Ihnen stehe die gleiche Wertschätzung in der Erinnerungskultur zu wie den ermordeten Juden, Homosexuellen oder Menschen mit Behinderungen. Der Holocaust habe sich tief in das kollektive Gedächtnis von Sinti und Roma eingegraben, die seit Jahrhunderten in Deutschland lebten – ebenso wie Dänen, Friesen oder Sorben. Noch heute würden die Mitglieder der Volksgruppe durch Vorurteile an den Rand der Gesellschaft gedrängt oder ausgegrenzt.

Romeo Franz beschrieb einen mehr oder weniger offenen Rassismus, mit dem den Sinti und Roma begegnet werde und führte dazu die NSU-Morde als Beispiel an. Ermittlungen nach dem Mord an einer Polizistin hätten zu Unrecht zunächst ins Umfeld der Sinti und Roma geführt. Er forderte eine Sensibilisierung der Gesellschaft, besonders des öffentlichen Dienstes. Zuwanderer aus dem Ausland würden als Bedrohung wahrgenommen, nicht aber als Gewinn. Im Hinblick auf den demografischen Wandel sollten jedoch die Vorteile der Zuwanderung gesehen werden.

Das Bündnis gegen Rechtsextremismus, in dem sich auch der evangelische Kirchenkreis An Nahe und Glan und die Stiftung kreuznacher diakonie engagieren, tritt dafür ein, das Mahnmal bei Bretzenheim in einen weiteren Horizont der nationalsozialistischen Gräueltaten zu stellen. „Es ist zu wünschen, dass den rechtsextremen Gruppen die Motivation zu ihren Kundgebungen an diesem Ort entzogen wird“, äußerte sich Superintendent Marcus Harke. Die Initiative sei Teil der vielfältigen Bemühungen im Kirchenkreis, „die Erinnerung an eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte und damit auch der Kirchengeschichte wach zu halten“. Harke verwies auf die Arbeit des Ausländerpfarramts, auf die Auschwitz-Fahrten der Jugendarbeit, die Aktivitäten der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und Gedenkveranstaltungen in den Kirchengemeinden wie Meisenheim oder Bad Sobernheim. „Wir nehmen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus als gesellschaftliches Phänomen sehr ernst“, betonte Harke.

Text: Marion Unger, Evangelischer Kirchenkreis An Nahe und Glan