Projektträgerschaft

Kunstwerkstatt Bad Kreuznach e.V.
Mannheimer Straße 71
55543 Bad Kreuznach

Telefon 0179 995 923 3
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
www.kunstwerkstatt-kh.de

Konzept

In Zusammenarbeit mit Anita Wiersch wird es einen Einstieg in das Thema "Frauenbild des Faschismus" anhand eines Films über Hildegard Schäfer geben. Zusätzlich werden im Stadtarchiv die Hintergründe der Zeit betrachtet. In Zusammenarbeit mit der Historikerin Frau Blum-Gabelmann können die Mädchen das Material sichten. Schwerpunkt wird auf dem Idealbild der Frau des Faschismus liegen. Angeregt wird auch ein Kontakt mit Zeitzeugen bei verschiedenen Gelegenheiten.

Anhand des Materials aus dem Stadtarchiv und verschiedensten Recherchemöglichkeiten werden Biographien, Eigenschaften, Besonderheiten und die jeweiligen historischen Hintergründe von einzelnen positiv und negativ behafteten Frauen/ Mädchen von den Teilnehmerinnen zusammengetragen. Wie weit entsprachen sie dem Idealbild?

Die dabei entstehenden Eindrücke und Stimmungen über die Persönlichkeiten werden dann in Form eines Porträts auf Leinwand festgehalten. Dafür werden verschiedene Materialien und Farben genutzt. Passend zu jedem Bild wird es von den Mädchen erklärende Kurzinformationen geben.

Zusammen mit dem Künstler Rainer Storck werden die Mädchen eine Gemeinschaftscollage erstellen, die die Stimmung in der Gruppe gegenüber dem Frauenbild des Faschismus widerspiegeln soll. Die entstandenen Kunstwerke sollen eine Wanderausstellung durch Bad Kreuznach bilden.

Während des Projektes entstandene CollageWährend des Projektes entstandene CollageWährend des Projektes sollen sich die Mädchen durch das Medium des idealen Frauenbildes und der unterschiedlichen Frauenpersönlichkeiten mit den Problematiken des Faschismus auseinandersetzen. Zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und den Auswirkungen dienen positive und negative historische Persönlichkeiten. Anhand der Frauenbilder sollen die teilnehmenden Mädchen erkennen, wie stigmatisierend die Zeit des Faschismus war. Sie sollen nachempfinden können, wie ausgeliefert sich die Frauen zu der Zeit gefühlt haben müssen und wie wenig die Idealbilder beeinflusst werden konnten. Die daraus entstehenden Gefühle, Gedanken, Einstellungen der Mädchen werden auf der Leinwand festgehalten.

Hierzu werden einzelne Frauenpersönlichkeiten von den Mädchen auf Leinwand gebracht. Zusätzlich wird es eine Gemeinschaftscollage geben, die zusammen mit einem Künstler die unterschiedlichen Frauenbilder wider spiegeln soll.

Bericht zur Veranstaltung

Das Projekt fand an 6 Abenden je drei Stunden statt.

1. Abend

In Zusammenarbeit mit Anita Wiersch vom BDP (Bund deutscher Pfadfinder) wurde ein Film über Hildegard Schäfer gezeigt. Es fand ein Erfahrungsaustausch mit anschließender Diskussion statt.

2. Abend

Verschiedene Frauenpersönlichkeiten aus der Zeit des 3. Reiches, sowohl Täterinnen als auch Opfer, wurden vorgestellt. Die Teilnehmerinnen bekamen anschließend Zeit, sich mit Biographien einzelner Frauenpersönlichkeiten auseinander zu setzen. Am Ende des Abends wählte jede Teilnehmerin eine Frauengestalt aus, über die sie sich näher informieren wollte, um diese dann in den nächsten Stunden künstlerisch darzustellen.

01

3. Abend

Im Stadtarchiv berichteten 3 Zeitzeuginnen aus ihrem Leben. Es fand ein ausgiebiger, reger und interessanter Austausch mit Diskussion statt. Das persönliche Gespräch mit den Zeitzeuginnen empfanden die Jugendlichen übereinstimmend als eine große Bereicherung.

02

4. Abend

Dagmar Bludau, eine Künstlerin aus Mainz, die Frauen im Faschismus selbst künstlerisch dargestellt hat, kam, um 4 ihrer Bilder vorzustellen. Sie berichtete über die Lebensgeschichte der dargestellten Frauen und erklärte, mit welcher Intention sie die Bilder malte und mit welchen künstlerischen Mitteln sie arbeitete. Anschließend planten die Teilnehmerinnen ihr eigenes Bild.

03

5. Abend

Die Teilnehmerinnen begannen mit der Gestaltung der ausgewählten Frauenpersönlichkeit auf Leinwand mit unterschiedlichen Materialien, Farben und Techniken.

0405

6. Abend

Die Bilder wurden fertig gestellt, Herr Storck bot Hilfestellung bei der Umsetzung. Die Mädchen verfassten Erklärungen zu ihren Bildern:

Von Meike Ziegler (15): Meine Begegnung mit Leni Riefenstahl

06

Leni Riefenstahl (1902-2003) war eine sehr berühmte Tänzerin, Schauspielerin und Regisseurin in der NS-Zeit. Nachdem sie ihre tänzerische Kariere wegen gesundheitlicher Probleme frühzeitig beenden muss, spielt sie in einigen Filmen (der heilige Berg, der große Sprung, der weiße Rausch...) die Hauptrolle. 1931 versucht sie sich das erste Mal als Regisseurin in „Das blaue Licht“.

Durch ihren Erfolg erregt sie die Aufmerksamkeit Adolf Hitlers. 1932 kommt es zum ersten Treffen zwischen den beiden, dem weitere folgen. Hitler beauftragt Leni, Filme über den Reichsparteitag in Nürnberg, den NS-Parteitag und einen anlässlich der Wiedereinführung der Wehrpflicht zu drehen. Die Propagandafilme „Sieg des Glaubens“, „Triumph des Willens“ und „Tag der Freiheit- unsere Wehrmacht“ entstehen. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere erhält Riefenstahl den Auftrag, die Olympischen Spiele in Berlin im Film propagandistisch umzusetzen. Für die beiden entstandenen Filme „Fest der Völker“ und „Fest der Schönheit“ bekommt sie bei den Filmfestspielen in Venedig die Goldmedaille.

Während des zweiten Weltkrieges hält sie sich im Hintergrund und dreht keine Filme mehr, da sie durch Gesundheitsprobleme an weiteren Filmproduktionen gehindert wird. Nach Ende des zweiten Weltkrieges wird sie mehrere Male angeklagt, wird aber jedes Mal freigesprochen. Sie stößt jedoch überall auf Kritik, da sie für das NS-Regime gearbeitet hat. Sie bricht einige Filmproduktionen ab und wendet sich der Fotographie zu. Sie machte Unterwasseraufnahmen, aus denen mehrere Fotobände entstehen. Aber vor allem ihr Fotoband über den Ureinwohnerstamm der Nuba wird ein großer Erfolg. 1992/3 wirkt sie an der Filmbiographie „Die Macht der Bilder“ über ihr eigenes Leben mit.

Von Leonie Sobek (16): Meine Begegnung mit Lina Haag

07

Lina Haag war eine Kommunistin, die 1933-1945 für die Freilassung ihres Mannes kämpfte. Ihr Mann war Abgeordneter der KPD und wurde in das KZ in Dachau verschleppt. Lina wurde in diesen zwölf Jahren oft verhaftet und war lange Zeit in Gefängnissen (meist in Einzelhaft) und in einem KZ. Sie hatte eine Tochter, die die meiste Zeit bei Linas Eltern untergebracht war.

In einem Gefängnis, in dem sie zwei Jahre lang ohne Prozess war, sah sie den ganzen Tag kaum Licht, es gab nur ein kleines Fenster mit Gitterstäben durch das sie nur gucken konnte, wenn sie sich mit ihrem Stuhl auf den Tisch stellte.

Sie durfte als „Politische“ meist keinen Kontakt zu anderen Personen haben, also kommunizierte sie durch Klopfzeichen mit anderen Frauen in den Nachbarzellen, später lernte sie das Morsen, was viel schneller ging.

Lina Haag war immer in ständiger Angst um ihren Mann, um ihre Tochter und vor den Strafen, die aus den kleinsten Auffälligkeiten folgten. Einmal flüsterte sie einer anderen Frau im Gefängnis nur einen Satz zu und wurde dafür für ein paar Tage in Dunkelhaft gesteckt.

Sie bekam Panikattacken und immer wieder Ohnmachtsanfälle, auch noch lange nach der Dunkelhaft.

Im KZ bekam sie den Tod von mehreren Frauen mit, die totgeschlagen wurden weil sie ein Stückchen Brotrinde vom Boden aufgehoben hatten oder aus reiner Willkür von einer Aufseherin tot gepeitscht wurden.

Diese Leute konnten keine Menschen sein, mit ihren großen, klobigen Stiefeln und ihren Handschuhen, damit sie sich die Finger nicht schmutzig machten, wenn sie irgendeinen Insassen bestraften.

Trotz all dem schaffte sie es immer wieder noch ein kleines bisschen Kraft aufzubringen um weiter zu leben und weiter dafür zu kämpfen ihren Mann aus Dachau zu befreien.

Lina hatte Schwierigkeiten zu begreifen warum alle Menschen nur dabei zusahen wie viele andere in KZs umgebracht wurden, und warum sie sich nicht fragten was mit den vielen Menschen passierte, die einfach so abtransportiert wurden. Sie wollte ihnen sagen was in KZs passierte und dass Hitler nur den Krieg will, doch sie wusste, dass sie dann nicht lang leben würde.

Von Anne Ziegler (17): Meine Begegnung mit Ruth Klüger

08

Ruth Klüger, geboren am 30.Oktober 1931 in Wien, wuchs als Jüdin in der Zeit des Nationalsozialismus auf. Zusammen mit ihrer Mutter erlebt sie die Zeit zwischen 1940 und 1945 in mehreren Konzentrations- und Arbeitslagern.

Nachdem sie 1945 kurz vor Kriegsende flüchten kann, emigriert Ruth mit ihrer Mutter nach Amerika, wo sie bis heute lebt und als Dozentin für Germanistik an einer Universität arbeitet.

In ihrem autobiographischen Roman „weiter leben“ erzählt sie von ihrem Leben bis kurz nach ihrer Emigration. Fasziniert hat mich besonders die Art und Weise ihre schrecklichen Erlebnisse so schlicht und doch gleichzeitig so bewegend zu schildern; und ihr Mut „weiter zu leben“ obwohl sie auch nach den Kriegsjahren noch viel Leid erleben musste.

Das Zitat „Ich, die ich schon mit sieben auf keiner Parkbank mehr sitzen und sich dafür zum auserwählten Volk zählen durfte,[...]“ aus ihrem Roman ist der Leitfaden meines Bildes.

Von Xenia Kirschstein (16): Meine Begegnung mit Lucie Aubrac

09

Lucie Aubrac (1912 - 2007) war französische Geschichtslehrerin. Ihren Beruf übte sich auch nach dem Krieg aus. Während der Nazi-Herrschaft engagierte sie sich in der résistance. Ihr Mann, den sie 3 Mal befreite, war Jude und sie unterstützten beide die kommunistische Idee.

Während der NS-Zeit waren sie gezwungen, von Versteck zu Versteck zu fliehen. Dabei benutzten sie Decknamen. Aubrac war Lucies letzter Deckname. Gemeinsam mit anderen Widerstandskämpfern und Kämpferinnen gründeten sie die Untergrundzeitung "la libération".

Lucie engagierte sich nach dem Krieg für Menschen- und Frauenrechte.

Im Bild steht die Tafel dafür, dass Lucie Aubrac Lehrerin war.

Die Waffe symbolisiert einerseits den Druck, der permanent auf ihr lastete, und andererseits, dass sie ihren Mann einmal freischießen musste. Diese Aktion zeugt von ungeheurem Mut und Willen zu Überleben.

Die Flaggen stehen für Länder, in denen Lucie schon war und sich z.B. für Menschenrechte einsetzte.

Von Xenia Rak (16): Meine Begegnung mit Marion Gräfin Dönhoff

10

Marion Gräfin Dönhoff lebte vom 2.Dezember 1909 bis 11.März 2002.

Während der NS- Zeit engagierte sie sich aktiv im Widerstand gegen Hitler. Sie stand in Kontakt mit dem Kreisauer Kreis und war indirekt am Hitlerputsch vom 20. Juli 1944 beteiligt. Ab Ende Januar 1945 befand sie sich auf der Flucht vor der roten Armee.

Nach dem Krieg war die Publizistin Marion Gräfin Dönhoff von1968 bis1972 Chefredakteurin und ab 1973 sogar Mitherausgeberin der Wochenzeitung Die Zeit.

Abschließend gab es eine Reflexion in Form einer Collage, auf der jedes Mädchen ihre Gefühle und Gedanken während des Projektes ausdrückte und Appelle an BetrachterInnen richtet.

 

Gefördert im Rahmen des Bundesprogramms:
VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie

Logo des Bundesprogramms „Vielfalt tut gut.“logo bundesministerium