„Die Kinder sollen zehn Tage lang eine Gemeinschaft vieler Kulturen erleben", beschreibt Siegfried Pick, Pfarrer für Ausländerarbeit im Kirchenkreis, den Sinn der Freizeit und betont: „Verschiedene Sprachen und Religionen werden von ihnen nicht als Problem empfunden. Egal, woher sie stammen, sie sind alle Kinder dieser Erde." Die interkulturelle Freizeit in den Sommerferien ist zur Tradition geworden. Sie führt 20 Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren zusammen. Betreut von Siegfried Pick, Stephanie Otto und Günter Kistner sowie einem Team aus jugendlichen Helfern schippern sie in Kanus über die Nahe, schwimmen im Fluss, klettern am Sicherungsseil auf Bäume und seilen sich vom Heimbergturm ab. Nachts schlafen sie in Zelten.

Kanufahrt mit Landrat Franz-Josef Diel auf der NaheKanufahrt mit Landrat Franz-Josef Diel auf der Nahe

Einen Eindruck von der besonderen Atmosphäre rund um das Bootshaus verschaffte sich Landrat Franz-Josef Diel. Er ließ sich im Kanu über die Nahe paddeln – wie alle vorschriftsmäßig ausgerüstet mit Schwimmweste. Im Schneidersitz inmitten der Runde im großen Zelt lauscht er den Erzählungen über das Freizeitleben. Von den Einkäufen auf dem Bauernhof oder in der Bannmühle, vom Kochen und Küchendienst, den sich alle nach Plan teilen, von den Morgen- und Abendrunden, in denen demokratisch über Programm und Speiseplan abgestimmt wird und von den „Boostalern", die als Belohnung für besondere Leistungen oder als Trostpflaster gegen Heimweh vergeben werden. Mit dieser „Währung" können Mangostreifen oder Schokoriegel – selbstverständlich aus fairem Handel – erworben werden.

Streng demokratisch geht es zu, die Stimmen der Erwachsenen zählen genauso viel wie die der Kinder. „Selbst mitbestimmen und entscheiden zu können, ist für sie eine wichtige Erfahrung", erläutert Siegfried Pick. „Sie lernten, wie das Zusammenleben mit anderen gelingt, wenn sie jeden so behandeln, wie sie selbst behandelt werden möchten – das ist ein Grundsatz, der in allen Religionen gilt". Diese Erfahrung trägt nach Überzeugung von Jugendreferent Günter Kistner zur Persönlichkeitsbildung bei. „Die Kinder merken hier, dass alles, was ihren Freunden gut tut, auch ihnen ein positives Gefühl vermittelt", meint er. Die zehn Tage an der Nahe sind auch ein Mutmach-Programm. Jeden Tag ein Stückchen höher auf den Baum klettern oder sich im Kanu auf den Fluss wagen, stärkt das Selbstbewusstsein ebenso wie die Erfahrung, Freunde zu finden.

Auch prominenter Besuch wird direkt eingebundenAuch prominenter Besuch wird direkt eingebundenIm Team gelingt so gut wie alles, auch ein selbst erfundenes Theaterstück zum Thema Glück mit Landrat Diel als prominentem Zuschauer. Die kleinen Szenen geben den Impuls zu einem Austausch darüber, was jeden einzelnen glücklich macht. Dabei bekennt der siebenjährige Paul aber auch, was seinem Glück im Wege steht: „Ich bin unglücklich, weil ich keine Geschwister habe, aber ich hätte gerne welche", erklärt er. Doch sogar dafür weiß die Gruppe eine Lösung. Schließlich hat Paul in den Tagen an der Nahe viele Feriengeschwister gewonnen. Sein Freund Marc schlägt vor, dass die Eltern Telefonnummern austauschen und gegenseitige Besuche vereinbaren. „Ich könnte ja mal mit dem Zug zu dir nach Kreuznach fahren", überlegt er. Das hat er alleine zwar noch nie gemacht, aber mit elf Jahren und den vielen Mut machenden Erlebnissen in der Freizeit will er einen solchen Plan in Angriff nehmen.

Text und Fotos: Marion Unger, Evangelischer Kirchenkreis An Nahe und Glan